Wirbel um angeblich 250.000 Migranten aus Kenia: Diplomatischer Fehler oder dreiste Lüge?

Am vergangenen Freitag wurde zwischen Kenia und Deutschland ein Migrationsabkommen unterzeichnet. Kern des Vertrages besteht laut Medienberichten darin, dass wenn Kenia abgelehnte Flüchtlinge aus Deutschland zurücknimmt, Arbeitskräfte aus Kenia leichter nach Deutschland gelangen können. Bei näherem Hinsehen erscheint der Deal reichlich unbefriedigend. Erstens kommen nur sehr wenige ausreisepflichtige Ausländer aus Kenia. Zweitens liegt die dortige Alphabetisierungsrate bloß bei circa 80 Prozent. Rätselhaft, inwiefern aus einem solchen Land die vielgepriesenen Fachkräfte stammen sollen. Ähnliche Fragen wirft der Migrationsdeal auf, den Olaf Scholz am Sonntag mit Usbekistan schloss. WerteUnion-Vorsitzender Hans-Georg Maaßen sieht derartige Abkommen mit großem Unbehagen: 

„Es ist überhaupt nicht ersichtlich, welchen Nutzen diese Vereinbarungen in Hinblick auf die illegale Migration beziehungsweise die Gewinnung von qualifizierten Arbeitskräften haben sollen. Hinzu kommt, dass das Anwerben von Fachkräften aus unterentwickelten Ländern wie Kenia unsere gesamte Entwicklungspolitik konterkariert. Wie will ein solches Land, das selbst zu wenig Fachkräfte hat, jemals auf eigenen Beinen stehen und wirtschaftlich erfolgreich sein können, wenn die besten Kräfte abgeworben werden? Die Bundesregierung weiß scheinbar wieder einmal nicht, was sie tut.“

 

Ein Missverständnis seitens des kenianischen Präsidenten?

 

Der kenianische Präsident William Ruto gab nach der Vorstellung des Abkommens der Deutschen Welle ein Interview, in dem er von „250.000 Beschäftigungsmöglichkeiten für junge Menschen aus Kenia“ sprach, die dadurch geschaffen würden. Diese Größenordnung der voraussichtlich nach Deutschland kommenden Kenianer sorgte für Schlagzeilen im Ausland, etwa bei BBC oder CNN. Daraufhin gab das Innenministerium auf X bekannt, dass diese Meldung falsch sei. Das Migrationsabkommen enthalte „keinerlei Zahlen oder Kontingente von Fachkräften aus Kenia, die in Deutschland arbeiten könnten“.

Ein Missverständnis seitens des kenianischen Präsidenten? Unglückliche Kommunikation durch die deutschen Regierung? Am 5. Mai 2023 fand in Nairobi anlässlich des Besuches von Olaf Scholz eine gemeinsame Pressekonferenz mit Präsident William Ruto statt. Dieser antwortete damals auf die Frage eines Journalisten: 

„Was ich mit dem Bundeskanzler besprochen habe, ist: Wenn man Chancen für kenianische Arbeitskräfte öffnet, in Deutschland zu arbeiten, dann ist das für uns sehr wertvoll. Der Bundeskanzler hat mir auch gesagt, dass es eine Chance ist. Für etwa 250 000 Menschen gibt es Einwanderungsmöglichkeiten nach Deutschland. Wir begrüßen diese Öffnung sehr. Wir werden aber Schritte unternehmen, dass Menschen aus Kenia, die die Kriterien nicht erfüllen und die illegal einreisen, nach Kenia zurückgeführt werden. Wir haben uns entsprechend positioniert.“ 

Dieses Zitat findet sich im Protokoll der besagten Pressekonferenz auf der Homepage der Bundesregierung. Scholz hat damals Rutos Darstellung nicht widersprochen, obwohl er direkt nach ihm eine weitere Frage beantwortete. Dem Bundeskanzler ist die Position Präsident Rutos also längst bekannt. Kann es sich demnach überhaupt um ein Missverständnis handeln? Hans-Georg Maaßen findet den gesamten Vorgang sehr bedenklich: 

„Wenn der kenianische Präsident nach der Unterzeichnung eines Migrationsabkommens, dem monatelange Verhandlungen vorausgingen, eine Zahl bekannt gibt, von der die deutsche Regierung noch nie etwas gehört haben will, ist etwas Entscheidendes schiefgelaufen. Ich kann mir kaum vorstellen, dass Präsident Ruto bewusst eine Falschmeldung verbreitet hat. Zumal er diese Zahl offenbar lange vor der Unterzeichnung des Abkommens ins Spiel gebracht hat. Eine Unkenntnis der deutschen Regierung über Rutos Annahme ist vor diesem Hintergrund nur schwer vorstellbar. Ungeheuerlich erscheint der Verdacht, dass die deutsche Regierung lieber öffentlich den kenianischen Präsidenten bloßstellte als eine sinnvolle Erklärung für dieses angebliche Missverständnis zu liefern. Sollte es hingegen so sein, dass Deutschland wider besseres Wissen abstreitet, dass tatsächlich mit 250.000 kenianischen Migranten gerechnet wird, wäre spätestens dies ein Grund, dass das unselige Ampel-Kabinett abtritt.“

 

Ulrike Stockmann 
PRESSESPRECHERIN 

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