Bürgergeld: „Der Sozialstaat fliegt uns um die Ohren“

Simsalabim, Bürgergeld für Behörden nur ein guter Witz?

Carsten Linnemann gibt sich entschlossen: „Es wird ein Herbst, der sich gewaschen hat“, sagt er im Interview mit WELT TV. Der CDU-Generalsekretär will das Bürgergeld reformieren und kündigt bereits an, Arbeitsverweigerer massiv abzustrafen: Wenn jemand partout nicht arbeiten will, „muss das Geld komplett gestrichen werden“.

Die Neugestaltung des Bürgergelds werde „ein heißer Ritt“, sagt Linnemann. Er will durchsetzen, was die Koalition beschlossen hatte: Bürgergeld soll „zu einer neuen Grundsicherung für Arbeitssuchende“ umgestaltet werden. Schlechte Nachrichten für viele der 5,4 Millionen Bürgergeld-Empfänger, die jährlich ein 50-Milliarden-Loch in die Bundeskasse reißen.

Wie dringend die Reform ist, verdeutlicht der Chef eines Jobcenters, der in BILD schonungslos auspackt. Das Bürgergeld, sagt der, „ist ein Fass ohne Boden“. Er kritisiert, dass nur 20 % der Arbeitszeit darauf verwendet würden, Menschen in Arbeit zu bringen, der Rest der Zeit gehe für Gespräche und das Ausfüllen von Formularen darauf. Der Praktiker fordert, die Leistungen für Bürgergeld-Empfänger zu deckeln und nennt ein Beispiel: Wer verheiratet ist und zwei Kinder hat, bekomme „4.000 bis 4.500 Euro Bürgergeld und andere Förderung inklusive Wohnkosten“. Für so viel Geld müsse man 7.000 bis 7.500 Euro brutto verdienen, was für Geringqualifizierte illusorisch sei. Der Jobcenter-Chef, der anonym bleiben wollte: „In Arbeit zu wechseln muss endlich attraktiver werden, als zu Hause zu bleiben.“

Die Ineffizienz der Bundesagentur für Arbeit kritisiert auch das Portal NIUS: „Andrea Nahles hat 100.000 Angestellte, vermittelt aber weniger als 100.000 Jobs“.

Gordon Pelz, Wirtschaftsexperte und Mitglied des WerteUnion-Bundesvorstands: „Das System ist ineffizient und setzt Fehlanreize. Wir investieren Milliarden in Arbeitslosigkeit und belohnen oftmals Arbeitsverweigerung. Schon der Name Bürgergeld ist falsch, denn er erweckt den Eindruck, die Unterstützung stünde allen Bürgern bedingungslos zu. Dabei sollte es erwerbsfähige Menschen in schwierigen Lebenslagen unterstützen, Motivation zur Aufnahme einer Arbeit schaffen und das mit weniger Druck als bei Hartz 4. Dass weniger Sanktionen, bei gleichzeitig großzügiger finanzieller Unterstützung nicht bewirken, dass Erwerbsfähige vermehrt Arbeit aufnehmen, belegen die Zahlen eindeutig.“

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